Glück und Zufriedenheit.
Wir alle wollen es. Wir sind ständig auf der Suche danach. Wir sind bereit, alles dafür zu tun, um glücklich und zufrieden zu sein. Und trotzdem fällt es uns scheinbar so schwer.
Wenn man mich fragt, was es für mich heißt, glücklich und zufrieden zu sein ist, dann sage ich: “Glücklich und zufrieden bin ich dann, wenn ich in mich rein höre und das Gefühl habe, dass alles gut ist.” Es ist so etwas wie ein positives Grundrauschen, das ich versuche beizubehalten, auch wenn ich mal einen schlechten Tag habe oder es grad nicht so gut läuft.
Ja, ich weiß, das klingt jetzt etwas wage, daher möchte ich es gern etwas näher beschreiben.
Gerade in den ersten Monaten dieses Jahres, als es mir seelisch nicht besonders gut ging, habe ich gemerkt, dass mein Glücksgefühl aus der Balance geraten war. Ich habe nicht mehr in mir geruht, das positive Grundrauschen war ziemlich gestört. Als ich etwas tiefer in mich hineingehört hatte, musste ich feststellen, dass wirklich etwas im Argen war und dass eine grundlegende Veränderung notwendig ist.
Von außen betrachtet hätten andere vielleicht gesagt: “Was stellt die sich denn so an? Sie hat einen gutbezahlten, sicheren Job, hat einen liebevollen Partner und eine Familie, auf die sie sich verlassen kann, sie wohnt in einer schönen Wohnung und hat sonst keine schwerwiegenden Probleme.” Ja, diese ganzen Dinge stimmen. Aber das trifft auch auf viele andere zu, die trotzdem nicht von sich behaupten, wirklich glücklich zu sein, und manche von ihnen spüren, dass trotz aller Äußerlichkeiten ein wichtiges Puzzleteil zum Glück fehlt. Aber wie genau sieht das fehlende Teil aus? Und warum sind manche Menschen total zufrieden, obwohl es ihnen doch eigentlich so viel schlechter gehen müsste als mir, weil sie sich z.B. nicht so viel leisten können wie ich?
Die für mich beste Beschreibung zum Thema Glück habe ich schon vor geraumer Zeit in dem Buch “Die Sinn-Diät” gefunden. Und auf diese Beschreibung greife ich immer wieder gerne zurück, wenn ich mich mit dem Thema beschäftige.
Die Autorin stellt klar heraus, dass Glück etwas ganz Individuelles ist. Jeder muss seinen eigenen Weg finden. Das ist schon mal eine Erkenntnis, die man auf sich wirken lassen und akzeptieren muss. Was mich zufrieden macht, macht jemand anderen nicht zwingender Weise auch zufrieden und umgekehrt. Daher kann man z.B. nicht einfach hergehen und das Leben anderer Menschen, die einem glücklich erscheinen, kopieren. Das macht die Sache natürlich erst recht nicht einfacher. Aber ich finde den Gedanken auch sehr befreiend. Denn man merkt doch eigentlich ziemlich schnell, ob es einen zufriedener macht, wenn man sich z.B. jeden Monat eine neue Louis Vuitton-Tasche kauft, oder ob das keine Auswirkungen auf die eigene Zufriedenheit hat. Und nur, weil das scheinbar andere glücklich macht, so muss es mich nicht auch glücklich machen. Das ist völlig in Ordnung und ich bin als Person nicht irgendwie abnormal, nur weil mich das nicht zufrieden stellt oder auf Dauer glücklich macht.
In unserer Gesellschaft kommt aber noch ein weiterer Aspekt hinzu, der es uns zusätzlich erschwert, dauerhaft glücklich zu sein: Wir sind alle auf Leistung und Wettbewerb getrimmt. Glück muss man sich erarbeiten, und es muss möglichst besser sein als das der anderen. Menschen, die einfach nur so zufrieden sind, obwohl sie vielleicht keinen hoch angesehenen Beruf haben oder finanziell nicht so gut dastehen, sind den Menschen, die hart für das Glück arbeiten, irgendwie suspekt. Man bekommt ja sonst auch nichts geschenkt im Leben, oder? Warum sollte das also beim Glücklichsein anders sein? Ja, wir machen es uns auch hier ganz schön kompliziert.
Doch warum hakt es eigentlich bei uns in Sachen Glück und Zufriedenheit? Um diese Frage zu beantworten, unterscheidet die Autorin zwischen akutem und chronischem Glück.
Akutes Glück, das sind diese kurzfristigen, heftigen, einmaligen Erlebnisse, denen wahnsinnig viel Bedeutung zugetragen wird: der tolle Urlaub im 5-Sterne-Hotel, das tolle Abendessen im Edelrestaurant, die VIP-Tickets zum Formel 1-Rennen. Wenn diese Erlebnisse dann vorüber sind, so ist es mit dem Glück auch häufig vorbei. Mann muss also schnellstmöglich für das nächste Erlebnis sorgen, um das akute Glück zu reproduzieren. Die Zeit zwischen diesen Erlebnissen verbringt man dann mit der sorgfältigen Planung des nächsten perfekten Events, von dem man sich noch mehr erwartet als vom vorherigen. Man ist voller Vorfreude, denn es kann ja nur noch besser werden – oder?
Tja, aber irgendwie tut es das dann doch auf Dauer nicht. Denn sonst würden ja nicht so viele Menschen in unserer Gesellschaft sagen, dass sie unglücklich bzw. dass sie nicht glücklich sind. Und das, obwohl es die besten Voraussetzung gibt, um glücklich zu sein: wir haben genug zu essen und zu trinken, es gibt keinen Krieg, wir leben in stabilen Verhältnissen. Diese akuten Glücksmomente machen uns eben nicht dauerhaft glücklich, denn oft erfüllen sie die viel zu hoch gesteckten Erwartungen nicht und das Glücksgefühl hält nicht lange an. Sie führen nicht zum positiven Grundrauschen.
Für das positive Grundrauschen – das chronische Glück, die Zufriedenheit – brauchen wir keine Leistung zu erbringen, wir müssen es uns nicht einmal verdienen und es muss auch nicht in Stress ausarten, es zu bekommen. Jetzt mag sich der eine oder andere fragen: “Ja, und wie komme ich dann zu diesem chronischen Glück???” Die Antwort ist auch hier denkbar einfach: Wir tragen schon alles, was wir dafür brauchen, in uns. Denn im Grunde geht es darum, dass man sich sein Leben im Ganzen anschaut und sich bewusst macht, was alles davon schön und gut war bzw. ist, anstatt sich nur auf das zu konzentrieren, was man gerade nicht hat, gerne hätte oder was sonst so alles schlecht gelaufen ist.
Man hat den tollen und scheinbar perfekten Job, den man unbedingt haben wollte, doch nicht bekommen, sondern einen anderen, scheinbar viel schlechteren, in dem man dann aber doch die gewünschte Verantwortung oder den kreativen Freiraum bekommen hat? Sollte man der verpassten Möglichkeit deswegen nachtrauern? Ganz und gar nicht! Was man jedoch machen muss ist, sich bewusst vor Augen führen, was alles gut ist, welche Umwege am Ende doch zu einem guten Ergebnis geführt haben, und sein Leben im Ganzen betrachten – nicht nur in einzelnen Puzzleteilen von einem akuten Glücksmoment zum nächsten.
Das bedeutet natürlich nicht, dass akutes Glück an sich schlecht ist. Wir können diese einzelnen Erlebnisse jedoch nur dann richtig genießen und dauerhaft etwas davon haben, wenn wir das chronische Glück als Basis haben und die Räume zwischen den akuten Glückszuständen nicht leer sind. Das befähigt uns zum Einen dazu, genau die einmaligen, besonderen Erlebnisse auszuwählen, die wirklich zu uns passen. Für den einen ist das der Abenteuerurlaub im Jungle, für den anderen ist es Fallschirmspringen. Zum Anderen können wir dann diese Momente in das größere ganze unseres Lebens einordnen. Sie stehen nicht mehr nur für sich im luftleeren Raum. Was noch daraus entsteht ist die Fähigkeit, sich an kleinen alltäglichen Dingen zu erfreuen und dankbar zu sein für das, was man bereits hat. Ich freue mich z.B. jedes mal wie ein Schneekönig, wenn meine Katze zu mir gerannt kommt, auf meinen Schoß hüpft und sich ganz fest an mich randrückt und geschmust werden möchte. Oder wenn ich mit meinem Freund freitagabends auf der Couch sitze und wir gemeinsam “unsere” Serien anschauen, die wir im Lauf der Woche aufgenommen haben (wir sind Serien-Junkies ). Das sind vielleicht keine ereignisreichen Momente, sie passieren aber so oft und erstaunen mich immer wieder in ihrer Einfachheit.
Es ist eben nicht der komplizierte Weg, der zum Glück führt.
Gehen muss ihn trotzdem jeder für sich
Das Buch “Die Sinn-Diät” kann ich allen empfehlen, die das Gefühl haben, dass sie in ihrem Inneren mal etwas entrümpeln müssen.
Es ist leicht zu lesen und man muss im Vorfeld weder Psychologie noch Philosophie studiert haben, um es zu verstehen.